„Der Assyrer-Herrscher Ashur-Nasir-Apal hat seine Leute zum Bernsteinland geschickt, dorthin, wo das Meer den Bernstein so wie das Kupfer zum Strand bringt…“

Schrift an einem assyrischen Obelisk ( 883 v. Chr.)

Der Handel mit Bernstein begann schon in Neolithikum. Von den Hauptplätzen, an denen Bernstein gewonnen wurde, von Jütland, den ost-baltischen Ländern sowie auch Litauen, verbreitete sich der Bernstein in Mittel- und Osteuropa und erreichte sogar Ägypten. Der deutsche Archäologe Heinrich Schliemann, der in den Jahren 1871 bis 1890 Troja ausgrub, entdeckte unter anderen Fundstücken auch eine Bernsteinkette. Wissenschaftler stellten fest, dass die Kette ca. 3000 Jahren alt ist und aus den baltischen Ländern stammt. Man fand Baltischen Bernstein auch in den mykenischen Gräbern, die 1600 bis 800 v. Chr. angelegt wurden. In zwei dieser Gräber fand Arthur Evans 400 Bernsteinketten. Einige Bernsteinketten wurden auch in der Pyramide des Teti und anderen Gräbern der Pharaonen (3400 bis 2400 v. Chr.) entdeckt. Dies beweist, dass Baltischer Bernstein nicht nur von Griechen oder Römern geschätzt wurde. Die Philologen sind überrascht, dass Bernstein auf ägyptisch „sakal“ heißt, was ähnlich dem litauischen Wort „sakai“ (auf deutsch „Harz“) klingt. Der Engländer G. Williamson, Author einer berühmten Monografie über Bernstein, stellte fest, dass im Norden von Königsberg (heute Kaliningrad) ein Ort namens Sakai-Hafen (auf lettisch „Sakaosta“) existierte.

Ein intensiver Bernsteinhandel lief im 1. bis 3. Jahrhundert mit dem Römischen Reich und seinen Kolonien über die Bernsteinstraßen. Bernsteinstraße ist die Bezeichnung verschiedener Landhandelswege des Altertums, die das Römische Reich mit den baltischen Ländern verbanden. Zwei Strecken der Bernsteinstraße sind bekannt: Klodzkas und Moravas. Später begannen die Barbaren, Rom ständig anzugreifen, und der Landhandelsweg wurde unsicher. Der Handel wurde daraufhin über die Ostsee abgewickelt.

Griechen und Römer schätzten den Bernstein sehr. Sie nannten ihn „Gold des Nordens“. Im Römischen Reich rief das goldfarbene Haar der Ehefrau des Kaisers Nero eine neue Haarmode ins Leben. Alle Frauen in Rom färbten nun ihr Haar in Bernsteinfarbe und verlangten den echten Bernstein. Zu der Zeit war Bernstein ein Objekt des Luxus: Bernsteinschmuckstücke waren hochmodisch, es wurde aus Bernsteingefäßen getrunken und Bernstein wurde auch für Räucherstäbchen verwendet, angenehm nach Harz rochen. Unter der Regierung dieses Kaisers war eine kleine Bernsteinstatue mehr wert als ein junger gesunder Sklave. Besonders wurde der rötlich-durchsichtige Bernstein und Bernstein in goldener Farbe geschätzt. Aus dem Bernstein dieser Farben stellte man Schmuckstücke und kleine Haushaltsgegenstände her. Der undurchsichtige Bernstein wurde für Räucherstäbchen verwendet.

Darüber, dass der rötlich-durchsichtige und der goldene Bernstein von den Römern besonders geschätzt wurden, hat Plinius der Ältere geschrieben. Er wies darauf hin, dass diese Art von Bernstein (succinit) nur an der Ostsee gefunden wird. Er meinte die Bernsteinstraße, als er in seinem Werk „Historia naturalis“ (lib. XXXVII, cap. 45 – 46) die Reise eines römischen Ritters im 1. Jahrhundert beschrieb, der Bernstein nach Rom bringen sollte: „Den Weg von Panonija Karnuntum (die Stadt der Kelten an der Donau, in der Nähe des heutigen Bratislava) bis zu der Küste Germaniens bildeten 600000 Schritte (ca. 888 Kilometer). Es lebt immer noch der Ritter, der, von Julion (der Vorsitzende eines von Nero organisierten Spiels) geschickt, aus Panonija Karnuntum bis zu der Küste Germaniens reiste, um Bernstein zurückzubringen. Er zog mit dem Ziel die Küste entlang, so viel Bernstein mitzubringen, dass sogar die Netze, die die wilden Tiere von den Zuschauern trennen sollten, mit Bernstein verziert werden konnten. Sogar die Waffen und die Toten waren mit Bernstein geschmückt, und die Gewänder … waren aus Bernstein…Das größte Bernsteinstück wog 13 Pfund (4,2 Kilo)…“ 

Die gefundenen Bernsteinschätze zeugen davon, dass Bernstein auch von den baltischen Ländern nach Rom und in seine Kolonien befördert wurde. Der in das Römische Reich transportierte Bernstein wurde unterwegs an speziellen Aufbewahrungsplätzen gelagert. In Polen, in der Nähe von Breslau, wo damals die Handelsstraße entlang führte, wurden vor dem Zweiten Weltkrieg drei Plätze gefunden, an denen Rohbernstein gelagert worden war. Insgesamt fand man dort 2750 Kilo Bernstein. Im Jahre 1867 entdeckte man im Samland ein 50-Liter-Gefäß, gefüllt mit Bernstein. Im Jahre 1900 fand man in der Nähe von Danzig einen großen Topf gefüllt mit neun Kilo Rohbernstein. 1924 wurde in Ostpreußen, in der Nähe Leižūnai auf der Kurischen Nehrung drei Zentner Rohbernstein gefunden. Aus den erwähnten und anderen Funden kann man sicher schließen, dass der Baltische Bernstein sehr beliebt war. Dank des Bernsteinhandels wurden die Balten früh in den schriftlichen Werken der Welt erwähnt.

Am Ende des 3. Jh. entwickelt sich der Handelsweg nach Osten. Über die Flüsse Dnepr, Dnestr und Pruth wurden die baltischen Länder mit den slawischen Ländern, den römischen Kolonien am Schwarzen Meer, später mit dem Byzantinischen Reich und den arabischen Ländern verbunden.

Der Bernsteinhandel und die Bernsteinstraße zeugen nicht nur von den guten Handelsbeziehungen Litauens mit fernen Ländern. Der Handel mit den Zivilisations- und Kulturhauptstätten dieser Zeit haben viel für die Förderung der europäischen Kultur getan.

Im 12. Jahrhundert wurde die Ostseeküste von den Kreuzrittern erobert. Mit der Zeit monopolisierten sie die Bernsteingewinnung, die Bearbeitung und den Verkauf. Laut des Vertrages zwischen dem samländischen Bischof und dem Kreuzritterorden gehörten sämtliche Bernsteinlagerstätten den Kreuzrittern. Der Bischof sollte dafür ein Drittel des Erlöses bekommen. Die Küstenbewohner, die in früheren Zeiten den Bernstein gesammelt und verkauft hatten, verloren nun ihr Recht. Die Kreuzritter befahlen, die Bernsteinfunde an spezielle Plätze zu bringen. Jeder, der ein noch so kleines Bernsteinstück für sich selbst behielt, wurde streng bestraft. Sogar noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierte in Königsberg ein Scharfrichter, der die Todesstrafe an Einwohnern vollstreckte, die unerlaubt Bernstein sammelten.

Heutzutage können in Nida die Museumsgäste im Garten spazieren gehen und so eine Strecke entlang der „Bernsteinstraße“ wandern. Die „Bernsteinstraße“ fängt an der Ostsee an und führt durch ganz Europa bis nach Venedig in Italien. Eine hier gefundene Münze zeugt davon, dass an dieser Stelle früher die Königliche Werkstatt war, in der vermutlich 21 Arbeiter tätig waren. Man darf auch die Tatsache nicht vergessen, dass die größten Bernsteine, die nach Italien gebracht wurden, aus dieser Gegend stammen. Mit dieser Ausstellung und dem am Kurischen Haff errichteten Obelisk wird darauf hingewiesen, dass die Bernsteinstraße in Nida beginnt.

Die Besucher des Bernsteinmuseums werden von hölzernen Figuren aus dem Schwarzortschatz begrüßt. Diese Amulette gelten als eine Art Museumswächter. Im Museum erfahren die Besucher alles über den Schwarzortschatz und die Bedeutung dieser Amulette; alle 434 Bernsteinamulette sind hier in originaler Größe zu sehen. Bei der Wanderung auf den Spuren der Bernsteinstraße können die Besucher eine alte Werkstatt bestaunen, wo gezeigt wird, wie und mit welchen Werkzeugen Bernstein bearbeitet wurde. Dort werden auch die alten Werkzeuge vorgestellt, die in der Zeit verwendet wurden, als die Menschen nach der Bearbeitung des Bernsteins mit Hilfe der Kaufleute die Bernsteinerzeugnisse zu den Kaisern des Römischen Reichs brachten. Wer selbst versuchen möchte, ein „Bernsteinkünstler“ zu werden, hat die Möglichkeit, ein Amulett als Glücksbringer zu erschaffen. Die Gäste können die Kollektion großartiger Einschlüsse bewundern, die Amulette aus dem Schwarzortschatz anschauen und bei der Öffnung des Stammes eines “50 Millionen Jahren alten Nadelbaumes“ sich überzeugen, in welchen Formen das Harz damals geflossen ist. Entweder sammelte es sich im Inneren des Baumes, oder es floss an der Borke des Baumes hinunter. In der Ausstellung im Museumsgarten kann man ein altes Boot und die originalen Werkzeuge, bewundern, mit denen früher Bernstein gefischt wurde. Im Sommer kann man auch das Künstlerhaus besuchen, wo verschiedene Künstler arbeiten und ihre Werke vorstellen. Der am Kurischen Haff nachgebaute Bernsteinpalast der Jūratė und die von den Wellen zum Strand gespülten Bernsteinstücke erzählen die traurige Liebesgeschichte der Meeresgöttin Jūratė und einem schönen jungen Fischer namens Kąstytis, nämlich die Legende über die Entstehung des Bernsteins.