Für eine Verwirrung hat bis heute die Tatsache gesorgt, dass man in früheren Zeiten den Begriff Bernstein auf den Baltischen Bernstein beschränkt sehen wollte. Begründet wurde dies mit dem Gehalt an Bensteinsäure, womit der Baltische Bernstein (Succinit) von allen anderen fossilen Harzen (Retiniten) unterschieden wurde. Später führte dies zu Bezeichnungen wie „Echter“ Bernstein oder „Bernstein im engsten oder weiteren Sinne“. Die nicht eindeutige Begriffsbestimmung geht darauf zurück, dass die Vielzahl weltweiter Fundstellen fossiler Harze früher noch nicht bekannt war. Unter diesen kennt man heute auch Harze mit einem Gehalt an Bernsteinsäure, dem für Baltischen Bernstein charakteristischen Erkennungsmerkmal, so dass dieses seitdem nicht mehr allein für diesen Bernstein gelten kann. Neuere Ergebnisse aus der Harzchemie haben außerdem gezeigt, dass die Kenntnisse der geologischen Geschichte eines jeden fossilen Harzes von außerordentlicher Bedeutung für seine botanische Zuordnung sind. So können Harzabsonderungen identischer Mutterpflanzen bei unterschiedlicher geologischer Beanspruchung zu Bernstein mit deutlich von einander abweichendem Chemismus führen.
Heutzutage schließt man sich der Auffassung von Schlee (1978, 1980) an, der den Begriff Bernstein grundsätzlich für alle fossilen, d.h. viele Millionen Jahre alte Naturharze verwendete. Zur weiteren Präzisierung sollte der Lokalitätsname benutzt werden: z.B. Sibirischer Bernstein, Borneo-Bernstein, New Jersey-Bernstein, Dominikanischer Bernstein und Baltischer Bernstein.
Mittlerweile sind etwa 200 Bernsteinvorkommen aus aller Welt bekannt und jährlich kommen neue hinzu. Abgesehen von der Antarktis wird Bernstein heute auf allen Kontinenten gefunden. Allerdings sagt die großflächige Verbreitung nichts über die Qualität und Quantität der einzelnen Lagerstätten aus. Nur wenige der in letzter Zeit bekannt gewordenen Vorkommen haben eine wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Die Anzahl der bekanntgeworden fossilführenden Bernsteinvorkommen ist in den letzten Jahren in hohem Maße angestiegen. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Bernsteinvorkommen aus der Kreidezeit (Libanon, Jordanien, Spanien, Burma) hat teilweise zu überraschenden Ergebnissen bezüglich der Evolution geführt.
Im 130 Millionen Jahre alten Jordanien-Bernstein aus der Unterkreide wurden Fliegen- und Mückengattungen gefunden, die ebenso im Baltischen Bernstein (50-35 Millionen Jahre) vorkommen und auch noch heute unverändert existieren. Dies bedeutet, dass die Evolution der Insekten deutlich früher begonnen hat, als man bisher annahm.
Hier stellen wir weltweit 31 Beispiele von Bernstein und Kopalen vor. Dabei erhalten Sie die wichtigsten Informationen über Fundorte, Alter, Herkunft, Farben, Einschlüsse und Eigenschaften.
1. Dolomiten-Bernstein
Fundorte: im Sandstein der Süd-Alpen (Italien) Alter: ca. 230 Millionen Jahre (Mittlere Trias) Harzproduzent: Kiefern Farben: von gelb bis braun Einschlüsse: man findet nur Mikroorganismen Besonderheiten: der älteste Bernstein der Welt2. Libanesischer Bernstein
Fundorte: Bernsteinschichten liegen im Gebiet der Stadt Jezzine Alter: ca.130 Millionen Jahre (Unterkreide) Harzproduzent: Agathis(Araucariaceae) Farben: fast durchsichtig gelb bis wenig durchsichtig, dunkelbraun und honigfarben Einschlüsse: häufig, selten gut erhalten Besonderheiten: eine große Zahl verschiedener Vorkommen3. Jordanischer Bernstein
Fundorte: Kurnub-Sandstein des Wadi Zerka, nördlich von Amman Alter: ca.130 Millionen Jahre (Unterkreide) Harzproduzent: Agathis(Araucariaceae) Farben: meistens gelb, braun, dunkelrot Einschlüsse: selten, nicht gut erhalten, den Einschlüssen im libanesischen Bernstein ähnlich Besonderheiten: in den Bernsteinschichten kommen Agathis-Pflanzen vor.4. Österreichischer (Golling) Bernstein
Fundorte: in dem Kohlen-Salzboden der Alpen in Österreich, in der Nähe von Golling bei Salzburg Alter: 130 – 120 Millionen Jahre (Unterkreide) Harzproduzent: unbekannt Farben: meistens braun, schwarz Einschlüsse: sehr selten, wegen der hohen Temperatur durch Druck bei Gebirgsfaltung schlecht erhalten Besonderheiten: Faltung der Alpen beeinflußte Struktur des Bernsteins5. Spanischer Bernstein (Alava)
Fundorte: Nordspanien, Pe?acerrada – Moraza Alter: ca. 110 Millionen Jahre (Unterkreide) Harzproduzent: Araucarie Farben: bläulich Einschlüsse: reich an Einschlüssen Besonderheiten: blaue Inklusensteine6. Bernstein aus Taimyr
Fundorte: an der Küste der Taimyr-Halbinsel, in der Nähe von Yantardakh Alter: 105 – 80 Millionen Jahre (obere Unterkreide) Harzproduzent: unbekannt Farben: durchsichtig-gelb Einschlüsse: nicht selten Besonderheiten: es gibt nur Strandfunde7. Japanischer Bernstein
Fundorte: meistens findet man ihn auf der Insel Hondo in Kujiim Nordosten, auch in Mizunami und Choshi bei Tokio. Die Bernsteinschichten in Kuji sind 600 m mächtig. Alter: der in Kuji gefundene Bernstein ist ca. 85 Millionen Jahre alt (obere Unterkreide), der in Choshi gefundene Bernstein ist ca. 110 Millionen Jahre alt (Unterkreide) Harzproduzent: unbekannt Farben: grün bis schwarz. Choshi-Bernstein hat ein breites Farbenspektrum, Mizunami-Bernstein ist dunkelbraun oder intensiv rot. Einschlüsse: selten und schlecht erhalten Besonderheiten: Im Kuji-Bernstein fallen gebänderte Bernsteine mit quarzreichen Varianten auf. Große Stücke bis zu 20 kg kommen vor.8. Burmesischer Bernstein
Fundorte: wird in Nordburma (heute Myanmar), im Hukong-Tal, aus Lehmboden und Kohlebetten abgebaut Alter: ca. 100 Millionen Jahre (Unterkreide) Harzproduzent: Agathis (Araucariaceae) Farben: meistens durchsichtig, kann rot und braun sein Einschlüsse: häufig Besonderheiten: Inklusen aus der Unterkreide sind meistens gut erhalten9. Kanadischer Bernstein
Fundorte: aus verschiedenen Regionen Kanadas, vorwiegend in der Umgebung des Kedras-Sees in Manitoba. Alter: 95-70 Millionen Jahre (Oberkreide) Harzproduzent: Agathis (Araucariaceae) Farben: rot, braun Einschlüsse: häufig (meistens Insekten und Spinnentiere) Besonderheiten: man findet ihn zusammen mit Dinosaurierknochen10. Äthiopischer Bernstein
Fundorte: Debre Libanos Sandstein, nördlich von Addis-Abeba Alter: 95 – 93 Millionen Jahre (Oberkreide) Harzproduzent: unbekannt Farben: durchsichtig gelb Einschlüsse: häufig (Pflanzenreste, Insekten, Spinnentiere, Mikroorganismen) Besonderheiten: erster echter Bernstein in Afrika11. Amerikanischer (New Jersey-) Bernstein
Fundorte: in den schwarzen Lignit-Lagerstätten, in der Nähe von Sayreville (New Jersey) Alter: ca.80 Millionen Jahre (Oberkreide) Harzproduzent: Metasequoia (Taxodiaceae) Farben: durchsichtig, von gelb bis rot Einschlüsse: häufig, etwa100 neue, d. h. bislang unbekannte Arten von Insekten und Pflanzen entdeckt Besonderheiten: eindrucksvolle Einschlüsse: die älteste Biene „Trigona prisca“12. Chinesischer Bernstein
Fundorte: im Kohlebett von Guchenzgi, in der Nähe der Stadt Fu Shun, in der Provinz Liaoning Alter: 60 – 55 Mio Jahre, (spätes Paläozän – frühes Eozän) Harzproduzent: unbekannt Farben: gelb, meistens braun und durchsichtig Einschlüsse: häufig Besonderheiten: durch natürliche Erhitzung schlecht erhalten13. Sachalin-Bernstein
Fundorte: an den Küsten der Insel Sachalin Alter: 55 – 52 Millionen Jahre (Paläozän) Harzproduzent: unbekannt Farben: von dunkelgelb bis braun Einschlüsse: selten Besonderheiten: man findet nur kleine Stücke.14. Französischer (Oise-) Bernstein
Fundort: am Fluss Oise in der Nähe von Paris, in Sand- und rötlichen Kohlenschichten Alter: ca. 55 Millionen Jahre (frühes Eozän) Harzproduzent: Hymenaea-Baum Farben: meistens undurchsichtig, manchmal durchsichtig gelb Einschlüsse: häufig, meistens Gliedertiere (Arthropoden), nur wenige pflanzliche Einschlüsse Besonderheiten: Pollen aus diesem Bernstein ähneln denen aus heutigen tropischen Urwäldern (Hymenaea)15. Indischer Bernstein
Fundorte: Küste von Nordwestindien, Provinz Gujarat Alter: ca. 53 Millionen Jahre (unteres Eozän) Harzproduzent: Flügelfruchtgewächs Farben: braun Einschlüsse: viele Tiere und Pflanzen Besonderheiten: die Inklusen lassen sich aus dem Bernstein herauslösen16. Schweizer Bernstein
Fundorte: im Lignit-Sandstein, in der Nähe von Friburg und Bern Alter: ca. 50 Millionen Jahre (unteres Eozän) Harzproduzent: unbekannt Farben: durchsichtig, gelb bis bräunlich orange Einschlüsse: pflanzliche Einschlüsse Besonderheiten: unter UV- Licht ist dieser Bernstein blau und weiß17. Ukrainischer Bernstein
Fundorte: in Sanden im Parcew-Delta, Klesiv-Delta in der West-Ukraine Alter: 50 – 45 Millionen Jahre (Eozän) Harzproduzent: Kiefer Pinus succinifera Farben: meistens braun, braun-gelb, gelb, seltener durchsichtig rot, gelblich grün, bläulich-grünlich gelb, durchsichtig gelblich grün, weiss mit grünen oder bläulichen Schattierungen Einschlüsse: wegen der schlechten Erhaltung von Schlauben deutlich seltener als im Baltischen Bernstein Besonderheiten: große Bernsteine mit braun-schwarzer Oxydationskruste18. Australischer Bernstein
Fundorte: Queensland, Cape York Halbinsel Alter: ca. 50 Millionen Jahre (Eozän) Harzproduzent: Kauri Farben: meistens braun, braun-gelb, gelb, seltener durchsichtig rot Einschlüsse: häufig Besonderheiten: mit vielen verschiedenen Harzen und Bimsstein angeschwämmt19. Rumänit, Bernstein aus Rumänien
Fundorte: im östlichen Teil der Karpaten, im Sandstein am Fluss Bizau Alter: 32 – 28 Millionen Jahre (Oligozän) Harzproduzent: unbekannt Farben: bräunlich gelb, rötlich braun, schwarz Einschlüsse: selten, durch natürliche Erhitzung schlecht erhalten Besonderheiten: mehrfarbig, unter UV-Licht bläulich-grünlich20. Italienischer Bernstein (Simetit)
Fundorte: in Sizilien, auf den Sandbänken des Flusses Simetus Alter: 25 – 22 Millionen Jahre (Miozän) Harzproduzent: unbekannt Farben: ungeschliffen – schwarz, geschliffen – dunkelrot, manchmal mit bläulicher Schattierung Einschlüsse: selten Besonderheiten: Johann Wolfgang von Goethe erwähnte bei seiner Italienreise (1787) die Simetit-Sammlung des Prinzen Ignatius Piscary aus Catania.21. Bernstein aus Nicaragua
Fundorte: im Sandstein an der Karibikküste Alter: 23 –18 Millionen Jahre (frühes Miozän) Harzproduzent: Hymenaea-Baum Farben: von durchsichtig gelb bis rot Einschlüsse: bis jetzt wurden nur einige gefunden Besonderheiten: neu entdecktes Bernsteinvorkommen22. Dominikanischer Bernstein
Fundorte: in der West- und Ost-Kordillere in Höhen von 500 – 1200 Meter Alter: 23 – 20 Mio. Jahre (frühes Miozän) Harzproduzent: Hymenaea-Baum Farben: gelbe, rote, grüne, bläuliche Schattierungen. 90 % des Bernsteins sind durchsichtig. Einschlüsse: häufig – Fauna und Flora der heutigen Tropen Besonderheiten: bei UV-Licht bläulich, reich an Einschlüssen, gilt als inklusenreichster Bernstein23. Mexikanischer (Chiapas-) Bernstein
Fundorte: in Lignit-Lagen, meistens in der Umgebung von Chiapas, im Osten des Lacondon-Dschungels Alter: 23 – 20 Mio Jahre (frühes Miozän) Harzproduzent: Hymenaea Baum Farben: gelb bis rötlich braun, manchmal richtig rot, seltener bläulich grün Einschlüsse: durch natürliche Erhitzung relativ schlecht erhalten Besonderheiten: große Bernsteinstücke, oft mit fossilen Austern besetzt24. Borneo- (Sarawak)-Bernstein
Fundorte: im Kohlebett von Merit-Pila, in Sarawak, Nord Borneo, Malaysia Alter: 23 – 15 Millionen Jahre (mittleres bis späteres Miozän) Harzproduzent: Baum der Dipterocarpaceae-Familie Farben: meistens dunkelbraun, gelblich braun, ab und zu weißlich Einschlüsse: selten Besonderheiten: die größten, bis 30 Kilo wiegenden Bernsteinstücke der Welt25. North Carolina-Bernstein
Fundorte: in der Umgebung von Aurora (North Carolina, U.S.A.) Alter: ca.23 – 16 Millionen Jahre (Neogen) Harzproduzent: unbekannt Farben: dunkelbraun Einschlüsse: nicht gefunden Besonderheiten: die ungewöhnlich braune Farbe26. Duxit aus Tschechien
Fundorte: in Böhmen, bei dem Dorf Dux Alter: ca.20 Millionen Jahre (Neogen) Harzproduzent: Cupressaceae Farben: meistens undurchsichtig Einschlüsse: nicht gefunden Besonderheiten: man findet ihn im Inneren versteinerter Bäume27. Kolumbien-Kopal
Fundorte: Pe?a Blanca Alter: 500.000 – 500 Jahre Harzproduzent: Hymenae-Baum Farben: durchsichtig klar Einschlüsse: häufig, ausschließlich aus heutiger Flora und Fauna Besonderheiten: es kommen einzelne Stücke mit Hunderten von Termiten vor28. Kopal aus Madagaskar
Fundorte: 0,5 – 1 Meter tief unter der Erde im westlichen Teil Madagaskars Alter: 500 – 50 Jahre Harzproduzent: Hymenaea Baum Farben: meistens durchsichtig, gelblich oder braun Einschlüsse: häufig, ausschließlich aus heutiger Flora und Fauna Besonderheiten: schmiert beim Schleifen29. Borneo-Kopal
Fundorte: West-Borneo, Indonesien Alter: sehr jung – bis 500 Jahre alt Harzproduzent: unbekannt Farben: dunkelrot mit weißen Punkten Einschlüsse: nicht gefunden Besonderheiten: ausgefallene Farbe, für Kopale nicht charakteristisch30. Philippinischer (Manila-) Kopal
Fundorte: auf manchen Inseln der Philippinen Alter: sehr jung, wenige hundert Jahre alt Harzproduzent: verschiedene Bäume der Familie Dipterocarpaceae (Dammar-Baum) Farben: gelb bis dunkelgrau Einschlüsse: selten Besonderheiten: keine31. Junges Dammarharz
Fundorte: in Wäldern Indiens und Ost-Asiens, mitunter bereits im Boden Alter: zeitgenössisch Harzproduzent: Dammar-Baum der Familie Dipterocarpaceae Farben: gelb, erhärtetes Harz kann grau bis braun sein Einschlüsse: selten Besonderheiten: im 19. Jahrhundert wurde es als Lack für Bilder verwendet (Dammar-Lack)Kurz resümiert kann man festhalten: der älteste Bernstein der Welt ist Dolomiten-Bernstein (ca. 230 Millionen Jahre alt); Borneo-Bernstein liefert die größten Stücke der Welt (manche wiegen bis 30 Kilo); die New Jersey-Bernsteininklusen sind beeindruckend (die älteste Biene, der älteste Pilz); den kanadischen Bernstein findet man zusammen mit Dinosaurierknochen.
Dennoch ist der Baltische Bernstein der bedeutendste: er nimmt unter den bisher bekannten Vorkommen eine Sonderstellung ein:
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schon seit der Steinzeit bekannt
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später in riesigen Mengen gefördert
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mit größter Farbvielfalt
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mit höchstem Schmuckwert
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mit besten Verarbeitungsqualitäten
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seit mehr als 150 Jahren Gegenstand intensiver Forschungen verschiedener wissenschaftlicher Fachrichtungen
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mit 5500 Tier- und Pflanzenarten der artenreichste Bernstein